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Ökonomie des (weg-) lassens

Ökonomie des (weg-) lassens - Erkenne den Sinn darin

Anstatt lesen: Unterwegs hören!

Unschärfe der minimalen Präzision

Richtig präzise und genau – daneben. Hier baue ich einen weiteren Bogen über die Ökonomie des (weg-) lassens, über Mischformen der Agilität, Sinn von Ungenauigkeiten, Menschen, die die Arbeit machen, Moral, Anstand und Fehlerkultur in der Agilität, Erlaubnis des Urteilens, Reifegrad und dem gezielten Weglassen, um Raum für Entwicklung zu schaffen. Reparieren und Verbessern ist Veränderung des alten, aber nicht neu (gründlich) gedacht.


In Gesprächen mit Kunden, Auftraggebern (vorher) und den Beteiligten an der Basis in den Teams (nachher) nehme ich seit einiger Zeit, aber stetig steigend, eine ungute Entwicklung wahr. Dabei kann, weil ich hier quer und recht breit über die Entwicklungen sehe, den Umstand nur interpretieren. Dabei muss ich mir selbst auch die Frage stellen: Hat sich “nur” mein eigener Wahrnehmungsfilter verändert – oder hat sich meine Wahrnehmung konkretisiert? Es geht darum (so ganz allegemein und recht grob gesprochen …): Es muss alles immer schneller (= weniger Zeit dafür) mit mehr Produktivität (= Wachstum damit) für Alles (Wirtschaft, Entwicklung, Konsum), entstehen. Oder kurz: Die Gier, das “immer mehr” “immer kürzer” zu erfolgen hat.

Um von der PROvokanten Überschrift in das Thema und einer möglichen Lösung zu kommen, reflektiere ich vorab einige Begriffe, die zu oft unscharf verwendet werden um zur Ökonomie des (weg-) lassens zu kommen. Ich musste, um hier zu Unterscheidungen zu kommen, auch etwas tiefer in die Begrifflichkeiten eindringen.

Richtig ist ein Umstand, wenn dieser den (bekannten) Tatsachen oder den gültigen Regeln entspricht. Dagegen halte ich, dass eine Regel, deren Einhaltung sich NUR über deren Existenz definiert, noch lange nicht richtig ist. Das heisst: Bloss weil eine Regel da ist, ist sie noch lange nicht richtig – und gut beraten ist der Aufmerksame, der das hinterfragt.

Präzise beschreibt eine Übereinstimmung zwischen unabhängigen Messergebnissen unter unveränderlichen Bedingungen. Liegen also mehrere Messwerte dicht zusammen, hat die Messmethode eine hohe Präzision. Hier wackelt “unabhängig”, was ich skeptisch in Frage stelle genauso wie “unveränderlich”. Was war in den letzten Jahren wirklich (noch) stabil?

Genauigkeit ist ein Maß für die Übereinstimmung zwischen dem (einzelnen) Messergebnis und dem wahren Wert der Messgröße. Eine hoher Genauigkeit wird erreicht, wenn Präzision und Richtigkeit stimmig sind. Weil hier 2 fragwürdige Begriffe in die Definition eingebaut sind, kann die Genauigkeit nur relativ und subjektiv sein – und somit auch daneben.

… in Unternehmen

Nicht nur Unternehmen agieren heute in einer volatilen, unsicheren, komplexen und am­bi­gu­osen (VUKA)-Welt, auch Manager und Mitarbeiter. Und, Sorry dafür, Manager sind Menschen, die alles andere als selbstbestimmt sind. Managen heisst einfach nur handhaben (also steuern) und wir oft mit aktivem machen gleichgesetzt. So wird das, vereinfacht gesagt, im Studium gelehrt und auch noch der stetig wachsenden Maximalismus, es richtig, präzise und genau zu machen, darin eingewoben. Kann es sein, dass der Begriff “managen” mit seinem Maximalstreben (von Allem) ordentlich überstrapaziert ist? Genauso wie die enthaltene Erwartung, dass “machen” automatisch etwas hinzufügen bedeutet?

Es wird ignoriert (selbst in den Hochschulen), dass in dieser endlichen Welt mit begrenzten Ressourcen ein Wachstum, also permanentes Hinzufügen, unmöglich ist. Permantenes Wachstum, z.B. in der Medizin, ist: Krebs. Um nicht weiter abzuschweifen … beleuchte ich hier die für mich relevanten Punkte, die mich zu den Überlegungen geleitet haben. Alles andere und gut Ergänzende ist als Wissen bereits geschrieben.

Ökonomie

Ökonomie (altgriechisch: Gesetz des Hauses, gr. “oikonomia”, ~ “Haushaltsführung”) bedeutet systematisches Haushalten. Ein Begriff für eine räumlich bestimmte Wirtschaft, wie auch für deren wissenschaftliche Beschreibung. Die Lehre vom Wirtschaften, von einem “verlustarmer” Umgang mit Aufwänden, mit der Mühe und den Ressourcen, dem Vermögen und der Kräfte in einem begrenzten Wirtschafsraum. Geht auch agile Ökonomie? Aha, z.B. mit der Ökonomie des (weg-) lassens …

Wirtschaft

“Wirtschaft” ist grob gesagt das befriedigen von Bedürfnissen mit oder durch Einrichtungen (vor allem Unternehmen) und Tätigkeiten (insbesondere Erwerbsarbeit), die Güter und Dienstleistungen bereitstellen. Wirtschaften heißt, Entscheidungen über knappe Mittel zu treffen. Ok …

Die Krux:

Die Ökonomie sagt “verlustarmer Umgang”, die Wirtschaft sagt “knappe Mittel”. Seit langem ist es Realität (zum Glück gibt es gegenläufiges), zu jedem Prozess, zu jeder Veränderung, zu jeder Optimierung gleich auch die entsprechenden Kontrollen und Methoden anzubieten. Also immer mehr. Gelebt absurd ist, Agilität mit KPI’s zu messen. Weil die Wirtschaft das so haben will?

Eine Form von akzeptiertem Freitod – was an dem Umstand Tod nichts ändert. Auch, wenn etablierte Unternehmen und zugehörige Lenker vermehrt Schwierigkeiten haben, diese Entwicklungen nicht wahrnehmen zu wollen. Die Auswirkungen mit dem Wahrnehmen haben kleine, agile oder disruptive Firmen übernommen, indem diese (es) einfach(er) machen.

Komplex, Simpel, Menschenverstand

Komplexität bezieht sich auf das System. Kompliziertheit auf die einzelnen Teile des Sytems bzw. deren logische Verknüpfung. Einfache Beispiele sind Schach oder Fußball. Das Regelwerk ist erlernbar, auch wenn es kompliziert ist. Erst im Spiel zeigt sich die Komplexität. Die Figuren oder Spieler interagieren dynamisch. Je mehr, desto unvorhersehbarer. Merken Sie in unserer Kommunikations- und Arbeitswelt die Zusammenhänge? Das Unternehmen ist das Spiel mit Do’s and Dont’s. Die Menschen agieren und je nach Aktion tangieren sie systemisch andere.

Der Versuch: Anstatt Abhängigkeiten mit Regeln zu erhöhen, entfernen Sie erst unwichtige oder die nach innen gerichteten Abhängigkeiten. Ergebnis: Es wird einfacher. Entfernen Sie (bitte immer nur eine) noch mehr Abhängigkeiten und halten Sie eine wichtige Frage im Auge:

Ökonomie des (weg-) lassens 1
Abhängigkeiten analog (Pins und Fäden) visualisiert

Was passiert (nicht), wenn ich diese Abhängigkeit auflöse?

Die 2 Antworten (sind ja auch 2 Fragen) können erschreckend simpel sein. a) Es passiert nichts (negatives). b) Es könnte was positives passieren – durch weglassen. Allein die These, das nicht alles, was existiert, auch zwingend eingesetzt oder benutzt werden muss, entfaltet hier ihre Wirkung. Diese Mechanik erfordert eigenständiges, kritisches Denken.


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