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Alles nur Hype mit der agilen Transformation?

hype-agile-transformation Hype Agile Transformation? Alles nur aufgeblasen? Agile is smaller than expected. 4 Schritte - so geht's einige, eigene Überlegungen

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Organisation beinhaltet keine Innovation

Organisationen spiegeln soziale Strukturen wider, die Erfolge, Leistungen, die Arbeit und Interessen von Menschen zu einem ganz bestimmten Zweck planvoll zusammen bringt. Menschen zu einer ‘gemeinsamen Leistung’ zu bringen, und zwar in einer Art und Weise, bei der ‘ihre Stärken effektiv und ihre Schwächen irrelevant werden’ – so definierte es zumindest Peter Drucker, der Managementvordenker. Daraus ergibt sich allerdings auch: Management ist nur Steuerung von etabliertem Wissen – innovativ ist es eher nicht.

Es liegt im Wesen der Organisation, sich über den Menschen zu stellen.
Maximilian Carl Emil Weber (* 21.04.1864 in Erfurt; † 14.06.1920 in München)

Weber war ein prägender Soziologe und Nationalökonom und hat in seiner ‘Herrschaftssoziologie’ dieses “Gebilde” umfassend analysiert.  Eine einmal voll durchgeführte Bürokratie gehört zu den am schwersten zu zertrümmernden sozialen Gebilden‘, stellte er passend fest. Deshalb: Organisationen führen zu und brauchen Bürokratien. ‘Als Instrument der ‚Vergesellschaftung‘ der Herrschaftsbeziehungen war und ist sie daher ein Machtmittel allerersten Ranges für DEN, der über den bürokratischen Apparat verfügt.’ 
Bürokratie wird man nur schwer los. Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts ist sie sogar noch mächtiger geworden. Dieser Apparat macht den größten Teil des bekannten Systems aus. Manche meinen, es handle sich dabei um einen Teil des Kapitalismus mit seinen Märkten. Bürokratische Systeme sind in sich nicht branchenspezifisch, sondern die Bürokratie wird sowohl in Behörden (Ämtern) als auch ökonomisch in der Wirtschaft (Firmen, Betrieben) teils genussvoll zelebriert. 

Der Bürokratie Apparat

Weber wusste, dass dieser Bürokratie-Apparat weder einfach aufgelöst noch durch soziale, politische oder kulturelle ‘Revolutionen’ beseitigt werden kann. Der wichtigste Kompagnon der bürokratischen Organisation und ihres Denkens und Handelns ist die ‘Eingestelltheit der Menschen auf die gewohnten Normen und Reglements’ (also Konformismus), sagt Weber. Die Organisation läuft, wenn alles so bleibt, wie es ist. Damit wird klar: Es gibt keine innovationsfreundliche Organisation, keine erneuerungswillige Bürokratie. Innovation und Organisation sind ein Widerspruch in sich! 

Die Herausforderung besteht also darin, die Strukturen, so wenig innovationsfeindlich wie möglich zu gestalten. Es arbeiten viele daran, die Innovationsfreude wieder zu etablieren, bewusst und unbewusst, teilweise schon seit Jahrzehnten. Erste Erfolge sind schon sichtbar.

Die Veränderung

Die komplexe Welt kann weder auf Organisationen noch auf Innovationen verzichten. Man muss also ein sowohl-als-auch aktiv zulassen. Damit meine ich: Einen Fuß im Alten stehen haben und gleichzeitig einen im Neuen. 

Es gibt dabei aber folgendes Problem: Die Organisation steht quer zur Innovation – das ist natürlich auch Managern und leitenden Angestellten klar.

Talent mit Mut braucht Freiraum

Auf der Agenda sollte ganz oben stehen: Schaffe Umgebungen (Organisationen), die weniger innovationsfeindlich sind als bisher. Darin liegt auch das Problem in Unternehmen, Behörden bis zu demokratische Regierungen. Protektionisten, Langweiler, angepasste Gleichdenker, Systemerhalter, Dogmatiker und Kreativitätsverweigerer werden oft ge- und befördert. 

Überall, wo Strukturen sich einschwingen, entsteht die Bürokratie. Alte Organisationen sind von und für Bürokraten gemacht. Die Bürokratie drängt Erneuerung an den Rand und oft sogar bis in den Keller (und lässt sie nicht mehr raus). Die Kritik an dem Status quo ist nicht gewünscht, dafür die Erhaltung dieses Zustands heilig. Dieser ist nicht von selbst entstanden, sondern weil Generationen von mechanistischen Managern sich ihre Systemerhalter herangezogen haben. Von irgendetwas müssen ja das Häuschen in der Vorstadt, das 2. oder 3. Auto, 4x Urlaub im Jahr bezahlt werden.

Dadurch meidet das Management oft frisches Gedankengut wie ein Vampir das Tageslicht. Ein Bürokrat drückt dem nächsten den Stab in die Hand – auf Kosten der Kreativität und Innovationsfähigkeit der ganzen Organisation und der Menschen, die diese vorantreiben wollen. 
Innovatoren brauchen zunächst einmal Erste Hilfe – in Form von Schützenhilfe. Gerhard Wohland hat meiner Meinung nach nicht übertrieben, als er forderte, für Talente und Innovatoren in Firmen / Organisationen / Ämtern einen “Bunker” als Schutzraum zu etablieren. Vereinzelt scheint das schon zu funktionieren. Es gibt Sonderprojekte, Agilisten, Inkubatoren, Innovationsabteilungen, Thinktanks, etc. 

Das Management ist kollektiv in all die Bürokratiefallen gestolpert, die fein säuberlich selbst gelegt wurden. Denken Sie an Compliance, Beschäftigung um der Beschäftigung willen und die antrainierte Unselbständig seitens der ‘Mitarbeiter’. All das fällt lähmend auf das Management zurück. Die Arbeit der Zukunft wird individueller sein müssen. Die zugehörige Kreativität muss eingefordert und Innovationsfähigkeit weiter ausgebaut werden.

Erfolgreiche Strukturen sind jene, die ihren Mitarbeitern (mir gefällt das Wort als Abgrenzung zu Angestellten), Selbständigkeit und Selbstorganisation ermöglichen. Ich (als Firma) gebe dir Mitarbeiter optimale Bedingungen, und du Mitarbeiter gibst mir (Firma) Ideen und Zündstoff, damit die (neue, schlanke) Organisation (besser, agiler) funktioniert. Das alles basiert natürlich auf Vertrauen, ist aber mittel- und langfristig das Umfeld, in dem Talente sich entfalten und gut und stressfrei gedeihen können.

Bewegung treibt Innovation

Das Wort Agilität hat seit einiger Zeit Hochkonjunktur, es ist ein regelrechter Hype entstanden. Daraus ergibt sich für die heutige Arbeitswelt eine deutliche Grunderkenntnis: Wer ein Mindestmaß an Sicherheit (Stabilität) und gleichzeitig Dynamik will, muss die Beweglichkeit trainieren, um ‘zukunftsfähig’ zu sein. Gehen wir mal nur kurz in den Sport, Turnvater Jahn soll gesagt haben: “Turne bis zur Urne.” Es geht bis heute um mentale und körperliche Fitness, nicht um rohe Kraft. Somit ist Agilität als Führungsprinzip “die Fähigkeit einer Organisation, flexibel, aktiv, anpassungsfähig und mit Initiative in Zeiten des Wandels und Unsicherheit zu agieren.” So definiert es zumindest Wirtschaftslexikon Onpulson.

Agilität bedeutet nicht Masterpläne zu stemmen, sondern dynamische Strategien zu ersinnen. Das Agilitätsthema ist übrigens nicht ein Kind unserer Tage. Schon in den 1950er-Jahren ersann der amerikanische Soziologe Talcott Parsons sein ‘AGIL-Schema‘, ein systemtheoretisches Modell, wonach jedes System vier Basisfunktionen erfüllen muss, um sein Bestehen zu sichern. Nach seiner Definition ist ‘AGIL‘ ein Akronym für Adaption (Anpassung), Goal Attainment (Zielverfolgung), Integration (Eingliederung) und Latency (Latenz, Aufrechterhaltung des Zustands).

Unter Anpassung im Verhaltenssystem versteht Parsons die Fähigkeit, auf Ereignisse und Veränderungen von außen zu reagieren. Reagieren heißt zunächst Registrieren, dann Verstehen, also nachzuvollziehen, was geschmeidig in Eigenaktion übergeht. Mit Anpassung ist weder Nachmachen noch Kopieren gemeint, sondern das Aneignen fremder, intellektueller Inhalte in das eigene System mitsamt Denken für die eigene Praxis.

Im Goal Attainment (Zielverfolgung) wird das persönliche System in den Vordergrund gerückt. Man könnte es auch den strategischen Bereich nennen, in dem Organisationen und die beteiligten Menschen sich ihrer selbst vergewissern. Hier ist der Sinn und Zweck ihres eigenen Handelns definiert.

Ziele können nicht starr sein. Nicht mehr in der heutigen Zeit. Integration ist die bewegliche, dynamische Fähigkeit der Eingliederung in agile Kontexte und der Kohäsion. Mit Kohäsion ist hier der Zusammenhalt einer Gruppe und Gemeinschaft gemeint (agil-deutsch: Team). Sie definiert sich über die Differenzierung ‘wir und die anderen’, indem sie das Fremde und das Eigene trennt. Integration heißt nicht 1:1 vereinnahmen, sondern ermöglicht, die eigenen Wege auf Basis des Erkenntnisgewinns zu gehen und auf dem Weg selbst zu entscheiden.

Latency ist Parsons vierter Pfeiler seines AGIL-Schemas und zielt auf Kultur. Die Latenz hält die bisherigen Wertmuster aufrecht und erneuert diese. Das hat nichts mit dem sturen Beibehalten und Verharren in der alten Kultur zu tun, sondern mit dem Wissen, dass sich Werte stets weiterentwickeln. Ich glaube, mit diesem Punkt ist der Hype um agile Transformationen endgültig Geschichte.

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Erfahrungen & Bewertungen zu Jörg C. Kopitzke